Ausdruck weltweiter Solidarität

In nicht einmal fünf Monaten hat das Corona-Virus die Welt in einen Ausnahmezustand versetzt. Gesundheitssysteme sind überlastet, Bildungseinrichtungen wurden für 70% der Lernenden weltweit geschlossen, die Wirtschaft ist vielerorts zusammengebrochen, die Arbeitslosigkeit ist angestiegen. Und nicht wenige haben ihr Leben in diesen letzten Monaten verloren. Von der Pandemie betroffen sind alle, unabhängig von Reichtum, Status oder Herkunft.  Und doch trifft es die einen härter als die anderen: Da sind diejenigen, die schon unter Hunger leiden und nun noch von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Diejenigen, denen der Zugang zu sauberem Trinkwasser fehlt und in deren Umfeld Hygienestandards nicht eingehalten werden können, Menschen auf der Flucht, Menschen an den Rändern der Gesellschaft. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ruft nun gerade hier zur Solidarität auf: „Liebe, Standhaftigkeit, Hoffnung und Mut“ – mit diesen vier Worten fassen die Mitglieder des ÖRK-Exekutivausschusses mit ihrer Erklärung am 3. Juni 2020 die Rolle der Kirchen während der Corona-Pandemie zusammen.  Gerade angesichts der Krise sei die Kirche aufgerufen, Grenzen zu überwinden, sich solidarisch mit den Schwächsten der Gesellschaft zu zeigen und Licht der Welt und Salz der Erde zu sein. Denn internationale Solidarität und Zusammenarbeit werden gerade jetzt dringender gebraucht als jemals zuvor. In der Erklärung warnen die Verantwortlichen vor einer Rückkehr zum früheren Status quo, der in vielem als ungerecht und unmenschlich angesehen wird. Gerade jetzt biete sich eine Gelegenheit, über grundlegende Werte nachzudenken, die Gesellschaft zu erneuern und Modelle für gerechte und zukunftsfähige Gemeinden aufzubauen. „Denn genau wie das Virus kennt auch die Liebe keine Grenzen und überwindet alle Schranken.“ Hiervon sind die Verfasser*innen überzeugt.

Von Solidarität gegenüber der weltweiten Gemeinschaft ist auch die Entscheidung des Exekutivausschusses geprägt, die ursprünglich für September 2021 in Karlsruhe anvisierte Vollversammlung des ÖRK um etwa ein Jahr zu verlegen. 2022 sind die Chancen höher, so die Einschätzung der Organisatoren, dass Vertreter*innen aus aller Welt die Möglichkeit haben teilzunehmen. Metropolit Prof. Dr. Gennadios von Sassima, stellvertretender Vorsitzender des Zentralausschusses und Vorsitzender des Planungsausschusses für die Vollversammlung sagte hierzu: „Wir treffen diese Entscheidung aus Fürsorge, Liebe und Achtung für die Würde der einen Menschheitsfamilie. Möge Gott uns helfen, dass wir die nötige Sicherheit und Chancengleichheit sicherstellen können, die für eine Vollversammlung notwendig sind, die alle Menschen mit Freude und Liebe empfangen und willkommen heißen will.“

Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der EKD, bekräftigte, dass „der wichtigste Grund, warum wir die Vollversammlung nach Europa einladen, jedoch ist, dass wir hoffen, etwas zu empfangen. Angesichts der Herausforderungen, denen wir uns in den kommenden Jahren werden stellen müssen, kann diese wichtige ökumenische Veranstaltung ein sichtbares Zeichen für die eine und von Solidarität, Frieden und Gerechtigkeit geprägt Welt sein.“

Auch das Motto der Vollversammlung „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ kann angesichts der Krise eine neue Dynamik entfalten: Denn die Liebe Christi hat die Kraft, Menschen zu bewegen – miteinander, füreinander und aufeinander zu – in einer Zeit, in der die Hoffnungslosigkeit und Angst viele lähmt. Die Liebe Christi befähigt Menschen, das Handeln von Versöhnung statt von unlösbaren Konflikten, Verschwörungstheorien, Unterstellungen und Misstrauen prägen zu lassen. Und diese Liebe führt Menschen enger zusammen und schafft Einheit, auch in einer Zeit, in der COVID-19 Menschen und ganze Gesellschaften entzweit und Anlass zu Meinungsverschiedenheiten gibt.