Lieber Herr Kirchenpräsident, liebe Stellvertretende Kirchenpäsidentin, meine Damen und Herren,

herzlich grüßen darf ich Sie im Namen der Präsidentin des Evangelischen Bundes, Prof. Gury Schneider-Ludorff und des Vizepräsidenten Bischof Sigurd Rink, die beide heute verhindert sind und in dessen Namen und im Namen des Zentralvorstandes des Evangelischen Bundes ich dieses Grußwort spreche.

“Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.”  Dieses Zitat von Hans-Joachim Friedrich lässt sich cum grano salis durchaus auch auf die konfessionskundliche Arbeit beziehen. 

Auch sie macht sich nicht mit einer Konfession gemein, obwohl ihr Objektivitätsanspruch nun gerade nicht bedeutet, nicht doch auch positionell zu sein. Wenn sie die Lehrgebäude und das geschichtliche Gewordensein konfessioneller Gegenwart beschreibt und einordnet, dann tut sie dies ja gerade nicht von einem vermeintlich objektiven, außerhalb konfessioneller Prägungen liegenden Punkt aus, sondern in der reflektierten eigenen konfessionellen Perspektive. 

Aussagen, die kirchentrennenden Charakter haben, relativieren sich nämlich, wenn man versteht, wie sie entstanden sind und in welchem theologischen Systemzusammenhang sie getroffen wurden. 

Genau dies setzt eine Form der Distanznahme voraus. So macht sich die Konfessionskunde eben nicht mit der Position einer Kirche gemein, auch nicht der ihrer Herkunftskirche, sondern bedarf der Unabhängigkeit.

Sie wahrt die Semidistanz und damit auch die Freiheit zur kritischen Reflexion im Allgemeinen aber eben auch gegenüber der eigenen Kirche.

Und so gehören der Evangelische Bund und sein Konfessionskundliches Institut zu den erstaunlichsten Pflanzen im Garten der Ökumene, sie gehören zu einer Gattung sui generis, wie es das Eckpunktepapier des Kuratoriums formuliert.

Im Grunde war der Evangelische Bund trotz aller Wandlungen in seiner Geschichte schon immer diesem Ziel konfessionellen Verstehens im Bemühen um Einheit aus der Semidistanz heraus verpflichtet.

In den ersten 50 Jahren nach seiner Gründung 1886 freilich war sein Einheitsbemühen lediglich auf die zersplitterte evangelische Kirchenlandschaft gerichtet, während seine Verstehensbemühungen nach außen der Wahrung „deutsch-protestantischer Interessen“ dienen sollten. Mit der Gründung des Konfessionskundlichen Institutes 1949 wurde diese Grundintension konfessionellen Verstehens zur Förderung der Einheit dann ausgeweitet auf die gesamte ökumenische Landschaft. Es waren eben die Leute vom Evangelischen Bund, die sich bis dato überhaupt für andere Konfessionen interessiert hatten, wenn auch mit primär apologetischem Interesse.

In einem frühen Bericht über die „Erste Arbeitstagung des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes in Bensheim vom 9. bis 11. Juni 1949“ wird der spätere Kirchenpräsident der EKHN, Pfarrer Wolfgang Sucker, der Leiter des Konfessionskundlichen Instituts und der Vorsitzende des Evangelischen Bundes in Hessen und Nassau zitiert. Er hielt damals hier an dieser Stelle einen Vortrag über „Die Methode der konfessionskundlichen Arbeit des Evangelischen Bundes“ (in: Der Bundesbote des Ev. Bundes. Mitgliederblatt Nr. 1, Juni 1949, S. 5):

„Die Grundfrage der konfessionskundlichen Arbeit, wie sie als Aufgabe aus Geschichte und Gegenwart dem Evangelischen Bund gestellt ist, ist die Frage nach dem Fundament und Bau der Kirche. Konfessionskundliche Arbeit ist eine theologische Aufgabe, mit der die nichts verschonende Frage nach der einen Wahrheit unauflöslich verknüpft ist.“

Gottfried Maron, der im KI von 1956 bis 1974 gearbeitet hat und EB-Präsident von 1979 bis 1997 war, führt dies in einem Sonderheft des Materialdienstes zum 40jährigen Bestehen des KI 1987 aus (MDKI 38 (1987), Beilage zu H. 5, S.101):

„Mit der Gründung des Instituts hat auch der Evangelische Bund selbst eine neue Ausrichtung seiner Arbeit erfahren. Der Bund versteht sich als ein theologisches Arbeitswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Gliedkirchen und erhält ständige Anregung und besondere Unterstützung durch das Institut. Man könnte die Zentrale in Bensheim sozusagen als Kopf und Herz des Evangelischen Bundes zugleich bezeichnen.“

So bedarf die konfessionskundliche Arbeit des Evangelischen Bundes und seines Konfessionskundlichen Instituts dreierlei:

  • sorgfältiger fachlicher Expertise,
  • vielfältiger Vernetzung in die Basis konfessionellen Arbeitens vor Ort und in die Kirchen hinein und
  • die institutionelle Freiheit der Semidistanz.

Ich wünsche dem Institut, Ihnen Frau Lasogga, den Referentinnen und Referenten und den Mitarbeiterinnen und uns allen in diesem Bemühen Gottes Segen!

Herzlichen Dank!