Brüskiert fühlte man sich doch. 2011 stellte Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in Erfurt ausdrücklich klar: „Im Vorfeld meines Besuches war verschiedentlich von einem ökumenischen Gastgeschenk die Rede, das man sich von einem solchen Besuch erwarte. […] Dazu möchte ich sagen, daß dies […] ein politisches Mißverständnis des Glaubens und der Ökumene darstellt.“
Als Gastgeber verbietet es zwar generell die Höflichkeit ein Geschenk zu erwarten. Als Gast verbietet es die Höflichkeit aber wiederum, kein Geschenk mitzubringen. Und sei es noch so klein. Aber die Geste zählt. Und so fühlte man sich doch etwas seltsam: Man darf kein Geschenk erwarten und hat nun auch keins bekommen. Warum musste Benedikt XVI. dies ausdrücklich betonen?
Sympathischer ist da sein Nachfolger. Papst Franziskus bringt bei seinem Besuch der lutherischen Kirche in Rom als Gastgeschenk einen Kelch mit. Der Kelch ist das Geschenk, das der Papst in der Regel mitbringt, wenn er eine römisch-katholische Diözese besucht. Somit steht der Kelch für die eucharistische Gemeinschaft, die es zwischen katholischer und lutherischer Seite gerade nicht gibt. Was will der Papst mit diesem Gastgeschenk sagen?
Benedikt XVI. bringt nichts mit und bestätigt damit seine theologische Linie: Es gibt nichts zu verschenken in der Ökumene.
Franziskus bringt etwas mit und bestätigt … was? Seinen guten Willen? Seine Hoffnung, bald gemeinsam das Mahl des Herrn feiern zu können? Das ist – wie gesagt – äußerst sympathisch und der Gastgeber fühlt sich nicht brüskiert. Allerdings irritiert. Nimmt man die bereits ausführlich kommentierten Äußerungen des Papstes zur Zulassung von konfessionsverschiedenen Ehepaaren zur Eucharistie hinzu (mehr dazu hier), drängt sich der Eindruck auf, der Papst wolle etwas in dieser Frage bewegen. Und wer ist mehr in der Lage, dies zu tun als er?
Verwundert nimmt man aber zur Kenntnis, dass er sich von seiner eigenen Lehrvollmacht zu dispensieren scheint. „Ich werde es niemals wagen, eine Erlaubnis zu geben, um das zu tun [„interkonfessionell“ zum Abendmahl gehen], denn das ist nicht meine Kompetenz.“ Wessen Kompetenz ist es dann? Hat er nicht die absolute Machtfülle in der katholischen Kirche? Weiter ist seltsam, dass er diese Frage in ihrer Tragweite gar nicht verstehen will: „Ich überlasse die Frage den Theologen, denen, die das verstehen.“ Was will Franziskus damit sagen? Kokettiert er? Führt er ein Lehramt, das nicht lehren kann, sondern nur amtieren will?
Diese Irritation macht eine Einschätzung der ökumenischen Einstellung des derzeitigen Papstes schwierig. Wie verlässlich sind seine Positionen? Wie belastbar seine Aussagen? Werden den Gesten und den Geschenken auch – wörtlich – „zu Buch schlagende“ Ergebnisse in der Lehre folgen? Oder ist die Ökumene reduziert auf einen in der Praxis gangbaren Weg, der sich unter der Lehre hinweg schlängelt? Das kann auch sympathisch sein, muss aber nicht nur auf Dogmatiker unredlich wirken, hinterlässt es doch eine gewisse Graustelle. Und man fragt sich: Soll man diese Stelle theologisch sauber ausleuchten oder lässt man es bei der Einsicht, dass nachts alle Katzen grau sind?
Benedikts Linie war hart, aber klar. Franziskus scheint – an manchen Stellen! – konzilianter, lässt sich aber nicht festlegen. Was ist besser? Wenn die lehramtliche Härte der Preis der Klarheit ist, will man ihn bezahlen?

Dr. Paul Metzger