
Grab auf dem Laurentius-Friedhof in Halle
Vor 200 Jahren, am 5. September 1823, wurde der Gründer des Evangelischen Bundes Willibald Beyschlag in Frankfurt am Main geboren. Der Generalsekretär Dr. Richard Janus begab sich auf eine Spurensuche nach Halle an der Saale, wo Beyschlag lange Jahre als Theologieprofessor gewirkt hat und gestorben ist. Theologie studierte er an den Universitäten Bonn und Berlin. Seine Karriere begann, wie bei vielen seiner Zeitgenossen, mit einer Hauslehrerstelle im heimischen Frankfurt. 1850 wurde er dann in der alten Römer-Stadt Trier evangelischer Pfarrer. In der katholisch geprägten Diaspora erlebte er die Diskriminierungen der Protestanten. Als er die Zustände in einer Schrift öffentlich machte, wurde er angeklagt. Das Gerichtsverfahren endete mit einem Freispruch. Im Jahr 1856 wurde er zum Hofprediger im Badischen Karlsruhe berufen.
Nach weiteren vier Jahren zog er dann weiter nach Halle, um dort Professor für Praktische Theologie zu werden. Zwei Male übernahm er das Amt des Rektors der Universität Halle. Ein wichtiges Anliegen war ihm – wie wir heute sagen würden – die Wissenschaftsvermittlung. Viele seiner Veröffentlichungen sind gut lesbar geschrieben. In die kirchenpolitischen Auseinandersetzungen seiner Zeit mischte er sich ein. Im protestantischen Lager hatten sich ganz unterschiedliche Gruppen gebildet, die versuchten, ihre Interessen durch zu setzen. Zwischen den Liberalen und Konservativen wollte er vermitteln. Ergebnis war dann die Gründung der Mittelpartei im Jahr 1873. Damit ist auch der zweite Beweggrund genannt, warum Beyschlag die Gründung eines neuen Verbandes für wichtig sah. So hatte der Evangelischen Bund zu Beginn zum einen eine antikatholische Schlagseite. Vor einem sich ultramontan orientierten Katholizismus in Deutschland hatte er Angst. Und zum anderen sollte eine Plattform geschaffen werden, um den zerstrittenen Protestantismus wieder zu einigen.

Das Wohnhaus in der Kardinal-Albrecht-Strasse in Halle
Vor 50 Jahren wurde die Leuenberger Konkordie verabschiedet, die zwischen Lutheranern und Reformierten die Kirchengemeinschaft herstellte. Ein solches Dokument hätte Beyschlag sicherlich gefreut, denn die Annäherung beider Konfessionen war ihm immer ein Anliegen gewesen. Der Evangelische Bund hat lange Zeit viele evangelische Christen mobilisieren können und war ein starker Verband für die Sache des Protestantismus geworden. Nach Verirrungen zur Zeit des Nationalsozialismus verbindet der Evangelische Bund heute evangelische Christinnen und Christen, die ihr Christ-Sein auf der Grundlage der biblischen Botschaft in der Tradition der Reformation in ökumenischer Weite gestalten wollen. Als kirchliche Einrichtung, die sich mit ökumenischen und konfessionskundlichen Fragen beschäftigt, unterhält er als wissenschaftliche Institution das Konfessionskundliche Institut in Bensheim.

Universität Halle
In Halle lassen sich heute noch bedeutende Spuren des Wirkens des Theologen August Hermann Francke finden. Aber die Stadt erinnert auch an einen ihrer wichtigsten Söhne: Georg Friedrich Händel. Wer sich auf die Suche nach Willibald Beyschlag macht, der findet im Zentrum der Stadt die alten Universitätsgebäude. Hier hat er Vorlesungen oder Seminare gehalten. Etwas nördlicher lässt sich das Wohnhaus an einer Tafel erkennen, die ihm der Evangelische Bund vor vielen Jahren gestiftet hat. Von dort ist es nur ein kleiner Spaziergang zum Laurentius-Friedhof, wo er auch begraben liegt. Er ist nicht der einzige Theologieprofessor, der dort seine letzte Ruhestätte gefunden hat.
RJ