Briefmarke Dietrich Bonhoeffer gewidmet

Briefmarke Dietrich Bonhoeffer gewidmet

Der gebürtige Breslauer Dietrich Bonhoeffer war vor siebzig Jahren, kurz vor Kriegsende, am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg ermordet worden. Der deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller bezeichnete Bonhoeffer als christlichen Märtyrer und standhaften Glaubenszeugen. Er zähle zu den ganz großen Gestalten der Kirchen- und Theologiegeschichte, betonte der Präfekt der Vatikanischen Glaubenskongregation in der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Mutig und hellsichtig habe er von Anfang an die Vergötzung von Blut und Rasse abgelehnt und die Diskriminierung und Verfolgung jüdischer Menschen verurteilt. Er habe die Kirche aufgefordert, sich einzumischen. Nur wer für die Juden schreie, der könne auch gregorianisch singen, zitierte der Kardinal den Theologen. „Bonhoeffer wollte die kirchliche Theologie nicht vor den Karren einer nationalistischen Politik oder nationalistischer Ressentiments spannen lassen.“ Er habe auch sehr früh den totalitären Charakter des NS-Regimes erkannt.
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hob hervor, Bonhoeffer bleibe „eine Inspiration für die, die sich in Situationen von Unterdrückung und Gewalt für die Menschenwürde einsetzen“. Der Theologe habe betont, die Kirche
sei „nur Kirche, wenn sie für andere da ist“. Sie dürfe sich nicht bequem einrichten, sondern müsse auch die kritische Kraft des Evangeliums in der Gesellschaft zur Sprache bringen. In der Wochenzeitung „Die Zeit“ schrieb Bedford-Strohm,
Bonhoeffer sei der „weltweit wohl meistgelesene deutsche Theologe des 20. Jahrhunderts“. Er habe einen untrennbaren Zusammenhang zwischen persönlicher Frömmigkeit und politischem Engagement gesehen und vorgelebt. Seine Schriften hätten etwa auch den Widerstand gegen das südafrikanische Apartheid-Regime beeinflusst. Heute müssten Christen sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ein militärisches Eingreifen gegen den Terror des „Islamischen Staates“ (IS) legitim sei. „Dietrich Bonhoeffer hat uns eingeschärft, solchen schwierigen ethischen Entscheidungssituationen nicht aus dem Weg zu gehen.“
Der ehemalige Berliner Bischof und EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber sagte in der Berliner Zionskirche, in der Bonhoeffer zu Beginn der 1930er Jahre als Pfarrer gewirkt hatte, der Theologe habe sich in seiner Friedensethik gegen das Wettrüsten und für den klaren Vorrang gewaltfreien Handelns ausgesprochen. Zudem habe Bonhoeffer eine Kriegsdienstverweigerung aus situationsbedingten Gewissensgründen gerechtfertigt. Allerdings gebe es nach Bonhoeffer für Christen „keinen prinzipiellen Ausschluss“ einer Beteiligung am Krieg, erklärte Huber. Christlicher Pazifismus meine demnach die klare Absage an jeglichen Militarismus. Er dürfe aber nicht mit einem „doktrinären, von jeglicher Situation abgehobenen Pazifismus“ verwechselt werden. Heute führe etwa der Vormarsch des IS „auf schreckliche Weise vor Augen, dass man rechtsverachtende Gewalt nicht einfach hinnehmen kann“, so Huber. Es gebe Situationen, in denen es zur Gegengewalt keine Alternative gebe. In diesem Fall schließe das Gebot „Du sollst nicht töten“ auch die Forderung „Du sollst nicht töten lassen“ ein. Dennoch dürften sich Christen nie mit Gewalt abfinden: Gerade Soldaten machten oft die Erfahrung, dass der Einsatz von Gewalt nicht den Frieden fördere.
Der Wiener lutherische Bischof Michael Bünker würdigte Bonhoeffer als „evangelischen Heiligen“. In der Wochenzeitung „Die Furche“ hob er Verdienste des Märtyrers etwa für das Gespräch zwischen den christlichen Konfessionen, um den
Dialog mit der säkularisierten Welt, aber auch im Blick auf die Aufgabe der Christen in der Welt und die Stellung der Kirche in den Herausforderungen der Zeit hervor. „Die Bedeutung Dietrich Bonhoeffers weist aber über die Person hinaus“, so Bünker: „Sie liegt ebenso in den theologischen Impulsen, die er trotz des gewaltsamen und vorzeitigen Endes seines Lebens setzen konnte.“ Nach 70 Jahren seines Todes zu gedenken, heiße auch, „das Potenzial an Verheißung und Zukunft zu entdecken, das mit seinem Leben und Wirken gegeben ist“.
kna