Vom Wittenberger Reformator Martin Luther ist seine Wertschätzung für die Musik bekannt. Am 4. Oktober 1530 schrieb er dem Komponisten Ludwig Senfl, der seit 1523 die Hofkampelle in München leitete, von Coburg aus einen Brief, in dem er ihn um eine Komposition bat. In diesem Brief findet sich die folgende Stelle:
„Auch beurteile ich es klar und scheue mich nicht zu behaupten, dass es nach der Theologie keine Kunst gibt, die der Musik gleich ist, da sie nach das Theologie das gibt, was allein die Theologie geben kann, eine ruhige und frohe Seele, durch die offenkundige Beweisführung, weil der Teufel, der Verursacher von schwermütigen Sorgen und ständiger Unruhe, beim Klang der Musik beinahe gleich flieht, wie er vor dem Wort der Theologie abhaut.“ (WAB 5, 639; Übersetzung R. Janus).
In anderen Äußerungen beschreibt Luther ebenfalls die positive Wirkung der Musik auf das menschliche Gemüt. Sie vertreibt die bösen Geister und gibt Ruhe und Freude. Der Reformator sah sein Leben durch die Anfeindungen des Teufels stets bedroht. Wer sich mit Luther nicht so intensiv auseinandergesetzt hat, wird vermutlich meinen, dass nach der Theologie doch wohl das Tintenfass als antisatanische Waffe zum Einsatz kommen müsste und nicht die Musik. Aber der Wittenberger war selbst ein guter Musiker, der auf der Laute die Menschen erfreuen konnte und komponierte auch.
Musikalisch war er aber noch mehr von den Werken des Josquin Desprez beeindruckt, der vor 500 Jahren am 27. August 1521 in Condé-sur-l´Escaut verstorben ist. Josquin wurde um das Jahr 1440 geboren, ist also eine Generation älter als Luther. Bevor er 1493 in seine Heimat Frankreich zurückkehrte, wirkte er in Mailand und Rom. Ab 1504 wirkte er als Propst an der Kirche Notre Dame in Condé-sur-l´Escaut. Sein Werk umfasst Messen und Motetten, sowie weltliche Lieder. Um 1500 ist er der einer der wichtigsten und wegweisendsten Komponisten Europas. Seine Wirkung reicht weit in das 16. Jahrhundert hinein. Die Liebe Luthers für Josquins Werke führte dazu, dass über Johann Walter sein Stil auch von der neuen protestantischen Kirchenmusik rezipiert wurde. Die Wertschätzung für Josquins Musik teilte er mit seinem Widersacher Kaiser Karl V.
RJ