Es ist Weihnachten! Nicht erst seit dem Beginn der Adventszeit hat die vorweihnachtliche Vorbereitung begonnen. Seit September kann man Lebkuchen und anderes Gebäck in den Supermärkten bekommen. Die Städte haben ihre Beleuchtung aus den Lagern geholt und viele Innenstädte sind zu Weihnachtsmärkten geworden. Die Einkaufszentren sind entsprechend dekoriert. Mittlerweile fangen die ersten Weihnachtsbäume mit dem Nadeln an. Es stellt sich die Frage danach, ob man das gleiche Gericht kochen soll, wie jedes Jahr. Vielleicht mal etwas anderes ausprobieren? Aber ob es dann den Gästen schmeckt? Der Vorsatz, der vielleicht zu Jahresbeginn getroffen wurde, dass man sich dieses Jahr nun aber wirklich nichts schenkt, ist schon wieder vergessen. So stellt sich die Herausforderung des passenden Weihnachtsgeschenkes. Aus der Vorfreude des Festes kann auch Stress werden. Für manche wird das Fest der Liebe zur Belastung. Was an Weihnachten besonders auffällt ist, wer nicht da ist. So wird es schwer, wenn ein Mensch im Laufe des Jahres gegangen ist. Das erste Weihnachten ohne sie oder ihn: wie soll es nur werden? Freude und Leid können sehr nah beieinander liegen.
Viele Bräuche, die mit diesem Fest verbunden sind, verdanken sich dem 19. Jahrhundert: Der Adventskranz wird erfunden, der Weihnachtsbaum wird populär und bekannte Weihnachtslieder („O du fröhliche“ oder „Stille Nacht“) entstehen. Die bürgerliche Gesellschaft entwickelt sind und dieses Bürgertum eignet sich sogleich das Weihnachtsfest an. Nicht nur in der Kirche kann Weihnachten gefeiert werden, sondern gerade auch im heimischen Wohnzimmer. So wird Weihnachten zum Fest der Familie. Der Theologe Friedrich Schleiermacher hat mit seinem kleinen Büchlein „Die Weihnachtsfeier“ dem Ausdruck gegeben. Es haben sich Menschen zur Feier zusammengefunden, die darüber diskutieren, was Weihnachten zu bedeuten hat. Seit dieser Zeit ist der Aspekt der Stimmung und des Gefühls noch stärker geworden. Um Menschen in eine weihnachtliche Stimmung zu versetzen, produziert die Musikindustrie jedes Jahr neue Songs. Auch kommen immer neue Weihnachtsfilme ins Kino oder auf die heimische Mattscheibe.
Am Weihnachtsfest kann man sehen, wie die christlichen Inhalte den Raum von Kirche verlassen haben und Teil der Kultur geworden. Damit wird es auch möglich, dass Menschen, die vielleicht gar nichts mit Religion anfangen können, mitfeiern können. Oder dass Menschen anderer Religionen einen Zugang zu Weihnachten finden. Das unterscheidet Weihnachten von den anderen christlichen Festen. Ostern oder Pfingsten haben diese integrierende Kraft nicht entwickeln können. Mittlerweile gibt es Theolog:innen, die im Weihnachten das zentrale Fest des Christentums sehen. Nicht mehr Tod und Auferstehung bilden den Höhepunkt des Jahres und der Theologie, vielmehr ist von einem „Weihnachtschristentum“ zu sprechen. An diesem Gedanken ist etwas dran. In einer Welt, die davon geprägt ist, dass Menschen sich feindlich gegenüberstehen und die Polaritäten immer stärker werden, ist die Botschaft des Zusammenkommens zentral. Statt ein Mehr an Gegensätzen zu haben, braucht es mehr Gemeinschaft. Weihnachten will Menschen zusammenbringen. Zuerst erging der Ruf an die Hirten auf dem Feld, zur Krippe zu kommen. Dann reisten die Magier aus der Ferne an. Menschen kommen zur Krippe, um zu sehen, wie Gott uns begegnet. Weihnachten bringt Gott und die Menschen zusammen.
Umso trauriger muss es machen, wenn kurz vor den Weihnachtstagen in Magdeburg ein Anschlag auf Menschen stattfindet, die auf dem Weihnachtsmarkt feiern wollten. Fünf Menschen sind gestorben und viele sind verletzt. So fällt ein Schatten auf das Fest des Lichtes in diesem Jahr. Angesichts dessen ist es nicht einfach, in die Choräle mit ihrem Jubel über die Geburt Jesu einzustimmen. Viele sind noch geschockt. Trauer ist das überwiegende Gefühl. Im Schmerz und in der Trauer ist Gott an unserer Seite, er lässt uns nicht allein: “Gott ist bei uns am Abend und am Morgen / und ganz gewiss an jedem neuen Tag” (D. Bonhoeffer). In unsere Gebete und guten Wünsche nehmen wir die Menschen in ihrem Leid hinein.
RJ
