Im nächsten Jahr jährt sich zum 1700. Mal das erste sogenannte Ökumenische Konzil, das im Jahr 325 in Nizäa (heute Iznik in der Türkei) stattgefunden hat.
Dazu wird es sowohl auf der lokalen Ebene in Deutschland als auch auf der internationalen Ebene verschiedene Veranstaltungen geben.

Den Auftakt machte vom 5. bis 10. September 2024 die Societas Oecumenica, die Europäische Gesellschaft für ökumenische Forschung, in der auch das Konfessionskundliche Institut Mitglied ist. Etwa 50 Wissenschaftler*innen trafen sich in Warschau (Polen), um sich mit der Frage zu beschäftigen, wie und was es von Synoden der Alten Kirche für die Ökumene zu lernen gibt.

Johannes Oeldemann vom Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn, Präsident der Societas Oecumenica, eröffnete die Tagung und gab einen Überblick darüber, inwieweit das Konzil von Nizäa in verschiedenen bilateralen Dialogen eine Rolle spielt(e). In einem ersten Plenum ging es zunächst darum, sich den historischen Gegebenheiten und Fakten des Konzils zu nähern. Der orthodoxe Theologe aus Finnland Harri Huovinen machte dabei deutlich, dass die kirchliche Einheit ein wichtiges Anliegen des Konzils war, und der Göttinger evangelische Kirchenhistoriker Peter Gemeinhardt gab einen Überblick über die komplexe Problematik und dynamische Entwicklung, die zur Formulierung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses und schließlich des Nizäno-Konstantinopolitanums führte. Sein Fazit: das Konzil von Nizäa initiierte eine fruchtbare Diskussion. Der neue Direktor der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung im Ökumenischen Rat der Kirchen, der serbisch-orthodoxe Theologe Andrej Jeftić, zeigte auf, dass das Konzil von Nizäa auch Züge aufweist, die gegen die kaiserliche Dominanz gerichtet waren. Von der altkatholischen Kirche trug die Berner Theologin Angela Berlis ihre Überlegungen zum Erbe von Nizäa vor. Im nächsten thematischen Block ging es um die Bezugnahme auf das Konzil und damit verschiedene hermeneutische Ansätze im Umgang mit dem Konzil bzw. den altkirchlichen Konzilien generell.  Die Göttinger Professorin für Ökumenische Theologie Jennifer Wasmuth und der baptistische Systematiker Uwe Swarat sowie der katholische Theologe Andrés Valencia aus Barcelona (sein Vortrag musste in Abwesenheit vorgelesen werden) trugen vor, wie in den jeweiligen konfessionellen Traditionen mit Glaubensbekenntnissen umgegangen wurde und wird. In einem weiteren Plenum wurde die Bedeutung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses im Leben der Kirchen heute aufgenommen. Aus katholischer, anglikanischer und lutherischer Perspektive referierten Przemyslaw Kantyka, Jeremy Morris und Miriam Haar. Harutyun Harutyunyan und Joshua Searle lieferten eine orientalisch-orthodoxe und eine baptistische Perspektive. Ein besonderes Plenum nahm die aktuelle Frage auf, wie in Zeiten des Krieges der christliche Glaube bekannt werden kann. Dabei kam die Situation in der Ukraine, in Israel/Palästina und in Armenien zur Sprache. Schließlich wurden noch weitere Beschlüsse des Konzils von Nizäa unter die Lupe genommen: Der orthodoxe Theologe Dimitrios Keramidas aus Rom beleuchtete den Kanon 8 von Nizäa, in dem es um die Bestimmung geht, dass es in einer Stadt nur einen Bischof geben kann. Dadurch sollte die Einheit der Kirche gewährleistet werden. Leon van den Broeke aus Utrecht gab darauf eine Response aus der Perspektive der reformierten Tradition. Dagmar Heller, die Leiterin und Orthodoxiereferentin des Konfessionskundlichen Instituts war eingeladen worden die Frage eines gemeinsamen Osterdatums aufzunehmen, ein Anliegen des Konzils von Nizäa, das jedoch bis heute in der Christenheit nicht verwirklicht ist. Sie stellte die provokante These auf, dass ein einheitliche Datum für das Osterfest nur Realität werden kann, wenn die westlichen Kirchen sich der orthodoxen Osterberechnung nach dem julianischen Kalender anschließen. Die finnisch-orthodoxe Antwort darauf von Maria Takala-Roszczenko machte allerdings deutlich, dass dies für ihre Kirche eine schwierige Lösung wäre. Im Abschlussplenum ging es um die Frage nach dem Ideal von Synodalität heute und wie dies heute vor allem in der orthodoxen und in der römisch-katholischen Kirche diskutiert bzw. umgesetzt wird.

Wie immer auf den in zweijährigem Rhythmus stattfindenden Tagungen der Societas Oecumenica gab es auch hier die Gelegenheit für Nachwuchsökumeniker*innen und andere, etwas von ihrer Forschung mit anderen zu diskutieren. So gab es 26 „short paper sessions“, in denen in kleineren Gruppen Spezialthemen vorgestellt und diskutiert wurden, die mit dem Konzil von Nizäa ein Verbindung stehen.

Die Hauptvorträge der Tagung werden in einem Buch in der Reihe „Beihefte zur Ökumenischen Rundschau“ veröffentlicht werden.

Außerdem wurde in Warschau ein neuer Vorstand gewählt, dessen Aufgabe es ist, die nächste Tagung vorzubereiten, die 2026 in Utrecht (Niederlande) stattfinden wird. Die neue Präsidentin der Societas Oecumenica ist Simone Sinn (Münster), Sekretärin ist Heta Hurskainen (Joensuu, Finnland), weitere Vorstandsmitglieder sind Peter-Ben Smit (Utrecht), Dimitrios Keramidas (Rom), Robert Svaton (Olomouc, Tschechische Republik).

Ansprechpartnerin

Pfarrerin Dr. Dagmar Heller
Leiterin des Konfessionskundlichen Instituts, Referentin Orthodoxie

Telefon

06251.8433.19