Ende Juli reiste unser Generalsekretär Dr. Richard Janus nach Nordpolen und erlebte eine spannende evangelische Spurensuche. Erste Station war der heutige Stettiner Vorort Zdroje (Finkenwalde). Dem Ort, an dem Dietrich Bonhoeffer ein Predigerseminar von 1935 bis 1937 leitete, um Pfarrer für den Dient in der Bekennenden Kirche auszubilden. Ein Gedenkstein und ein kleiner Park erinnern an diesen Abschnitt aus der Zeit des Kirchenkampfes. Nach der Schließung wurde der Betrieb des Seminares u.a. in Sławno (Schlawe) fortgeführt. In der Marienkirche im Stadtzentrum erinnert eine Gedenkplatte daran.

Schloßkirche in Stolp
Nach Unstimmigkeiten als Charite-Prediger in Berlin ging Friedrich Schleiermacher im Jahr 1802 nach Słupsk (Stolp), um dort die reformierte Gemeinde zu betreuen. Das Pfarrhaus, in dem er lebte hat sich nicht erhalten, jedoch steht die Kirche, in der er regelmäßig Gottesdienst feierte noch. Nach dem 2. Weltkrieg übernahm die römisch-katholische Kirche mit ihrer alten Ausstattung. Er veröffentlichte in seiner Stolper Zeit die ersten Teile der Platon-Übersetzung und die „Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre“.
In Sopot (Zoppot) stand der Besuch des Gottesdienstes der dortigen evangelischen Heilands-Kirchengemeinde auf dem Programm, der sich eine Begegnung mit Bischof Marcin Hintz, der für die Diözese Großpolen-Pommern zuständig ist, anschloss. Neben dem Bischofsamt lehrt er auch als Professor für Systematische Theologie an der Christlichen Akademie in Warschau. Die lebendige Zoppoter Gemeinde umfasst ca. 500 Menschen. Ebenfalls in Sopot traf der Generalsekretär auf die ehemalige Bundestagspräsidentin und Ministern Rita Süßmuth, die aus Anlass des Jahrestags des 20. Julis nach Polen gereist war.

Cornelia Pieper, Richard Janus, Rita Süßmuth, Magdalena Czarzyńska-Jachim, Harald Schroeter-Wittke, Marcin Hintz (v.l.n.r.)
Während Sopot sich immer noch als mondäner Badeort präsentiert, verbinden sich mit der Stadt Gdańsk (Danzig) der Ausbruch des 2. Weltkriegs mit der Beschießung der Westerplatte, aber auch der Aufstand der Werfarbeit und die Gründung der Gewerkschaft Solidarność. Die Marienkirche, heutige Kathedrale des römisch-katholischen Bistums, war vor dem Krieg nach dem Ulmer Münster die zweitgrößte evangelische Kirche. Der Kirchenbau beeindruckt durch seine Größe und die Kunstschätze. Aber auch die Grabplatte des Dichters Martin Opitz ist noch vorhanden, der im Jahr 1639 an der Pest im Alter von 41 Jahren gestorben ist.
Aber auch noch eine weitere Schleiermacher-Stätte stand auf dem Programm: Schloss Słobity (Schlobitten). Die Zeit dort liegt vor dem Aufenthalt in Stolp. Von 1790 bis 1793 wurde er von Friedrich Alexander Graf von Dohna als Hauslehre am Stammsitz der Familie angestellt. Vor dem Krieg gab es im Schloss eine Schleiermacher-Stube. Heute ist es eine Ruine, von der lediglich die Außenmauern des Haupthauses stehen geblieben sind.

Mennonitischer Friedhof Heuboden
Danzig und das Umland waren aber auch ein Ort, an den viele Mennoniten ihre Heimat seit dem 16. Jahrhundert fanden. Ende des 18. Jahrhundert wanderte ein Teil nach Russland aus, andere bleiben wohnen. So finden sich an verschiedenen Orten heute Friedhöfe mit Grabsteinen aus verschiedenen Jahrhunderten. Geduldet wurden sie vor allem deshalb, weil sie das Weichsel-Nogat-Delta urbar machten.
RJ